In der Bergidylle des Berner Oberlands in der Schweiz arbeiten Gründer Samuel Klaus und sein Team daran, die Zucht von Mehlwürmern als Lebensmittel einfacher, unabhängiger und effizienter zu machen. Mit seinem Startup „Boxfarm“ will er Aufzuchtboxen entwickeln und anbieten, in denen Mehlwürmer energieunabhängig und ortsungebunden dort lokal produziert werden können, wo sie auch als Lebensmittel weiterverarbeitet werden. Das soll Produzenten unabhängiger machen und Transportwege sparen.
Mehlwurmzucht im Container
Dafür entwickelt das Startup ein Containersystem, in dem sowohl die Zucht als auch die Weiterverarbeitung der Mehlwürmer Platz finden sollen. Das System besteht aus ausrangierten und lebensmitteltauglichen 40-Fuß-Containern. Die Energieversorgung soll umweltverträglich über Photovoltaikanlagen an den Containern erfolgen, eine Extrastromversorgung könnte damit entfallen.
Eigene Futterproduktion im Kreislaufsystem
Zudem soll das System flexibel einsetzbar sein: So soll es in individueller Größe lokal beim weiterverarbeitenden Unternehmen aufgestellt werden können, wodurch lange Transportwege wegfallen und die Lebensmittel tagesfrisch verarbeitet werden könnten. Als Erweiterung soll außerdem eine Regenwasseraufbereitung integriert werden. Eigene Feuchtfuttermittel soll man in horizontalen Gärten produzieren können, die wiederum mit den Ausscheidungen der Mehlwürmer gedüngt werden. Als Kunden für das System kommen laut Samuel Klaus sowohl Privat- als auch gewerbliche Großabnehmer in Frage.
Start-Finanzierung via Kickstarter
Um das nötige Startkapital für das Projekt zu sammeln, hat Boxfarm letzte Woche eine Kickstarter-Kampagne gestartet. Das Finanzierungsziel beträgt knapp 215.000 EUR. Die Unterstützungspakete reichen von der Probierpackung Mehlwürmer über T-Shirts bis zur Sponsorentafel am ersten Container, der nach aktuellem Plan im September in Frutingen in der Schweiz aufgestellt werden soll. Mit der ersten Container-Zucht will Boxfarm dann im Oktober starten.
Schweiz Vorreiter bei Speiseinsekten
Die Schweiz ist in vielerlei Hinsicht Vorreiter beim Thema Speiseinsekten. Am 1. Mai 2017 hat die Schweizer Lebensmittelsicherheitsbehörde BLV Mehlwürmer, Hausgrillen und Wanderheuschrecken als Lebensmittel sowie Zutat in bestimmten verarbeiteten Lebensmitteln zugelassen. Industrie- und Handelsunternehmen wie Coop, Essento und Micarna bieten erste Insektenprodukte an. In der EU gibt es eine vergleichbare Zulassung bisher nicht. Bislang hat kein Insekt beziehungsweise Insektenprodukt einen Eintrag in der sogenannten Unionsliste, die zugelassene neuartige Lebensmittel verzeichnet.
Zulassung von Insekten als Lebensmittel in der EU
Die Lebensmittelsicherheitsbehörde der EU, EFSA, aber rechnet im Jahr 2018 mit mindestens 10 Zulassungsanträgen für Speiseinsekten, so ein Behördenvertreter im Deutschlandfunk. Inwiefern es – wie in der Schweiz – Mehlwurm, Hausgrille und Wanderheuschrecke sein werden, die als erstes eine EU-Zulassung erhalten, bleibt offen. Den EU-Markt hat Boxfarm-Gründer Samuel Klaus dennoch bereits im Visier.