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Technologie von Startup FarmInsect soll Landwirten ermöglichen, Insekten selbst vor Ort zu produzieren

FarmInsect aus München entwickelt eine Technologie, die es Landwirten ermöglichen soll, selbst vor Ort Insekten als Futtermittel zu produzieren, alles automatisiert. Dafür hat das Insekten-Startup jetzt von Investoren eine sechsstellige Summe eingesammelt.

„Wir haben eine Lösung entwickelt, mit der Landwirte aus ihren Reststoffen automatisiert Insektenlarven produzieren können“, beschreibt Wolfgang Westermeier, Mitgründer der FarmInsect GmbH (in Gründung), die Idee seines Insekten-Technologie-Startups. FarmInsect habe sich auf die Schwarze Soldatenfliege (engl. Black Soldier Fly, kurz BSF) spezialisiert.

Für Futter- und Lebensmittel interessant: Schwarze Soldatenfliege

Zwar ist diese auch für Lebensmittel interessant – seit 2018 liegt ein Antrag zur Zulassung von Insektenmehl aus Soldatenfliegenlarven als neuartiges Lebensmittel bei der EU-Kommission, in Südafrika stellt das Startup Gourmet Grubb eine Milchalternative aus Soldatenfliegen her  – vor allem wird sie aber als nachhaltige Grundlage für proteinreiches Tierfutter diskutiert und produziert. Für Futter in Aquakulturen ist die Schwarze Soldatenfliege bereits seit 2017 EU-weit zugelassen. Hier soll sie als regionale und nachhaltige Lösung den Import von Soja oder Fischmehl reduzieren können.

Insektenproduktion soll Kreislaufwirtschaft vervollständigen

„Vor allem Insekten helfen uns beim Schließen von regionalen Kreisläufen, die mit herkömmlichen Nutztieren nur schwierig erreichbar wären“, sagt Wilhelm Windisch, Professor am Lehrstuhl für Tierernährung der Technischen Universität München, die das Startup bereits in der Entwicklungsphase unterstützte. „Insekten erzeugen dabei hochwertiges Eiweiß für die Verwendung als Futtermittel und Lebensmittel.“

Bei der Förderung von Kreislaufwirtschaften sei laut FarmInsect die Verwendung von Ernteresten sowie regionalen Resten der Lebensmittelproduktion ein zentraler Bestandteil. „In der EU fallen jährlich Milliarden Tonnen an Lebensmittel- und Ernteresten an, die bisher nicht sinnvoll genutzt werden“, erklärt FarmInsect-Mitgründer und Geschäftsführer Thomas Kühn. „Dieses Potenzial wollen wir heben“. Die Larve der Schwarzen Soldatenfliege könne ein sehr breites Futterspektrum verarbeiten und sei dadurch ideal für die nachhaltige Verwertung regionaler Reststoffe.

Das Gründer-Team von FarmInsect: Wolfgang Westermeier, Thomas Kühn und Andre Klöckner (v.l.n.r.). Foto: Pressebild FarmInsect

IT-Plattform unterstützt Landwirte bei Insektenproduktion

Bei der Verwendung von Reststoffen sei aber die lückenlose Rückverfolgung eine große Herausforderung, so FarmInsect. Das Startup habe dafür eine IT-Plattform entwickelt, die dem Landwirt diesen Prozess abnimmt.

Die IT-Plattform ist mit einer Vielzahl von Sensoren verbunden und führt den Landwirt durch den gesamten Prozess der Insektenproduktion. FarmInsect biete Landwirten eine automatisierte Maschinenanlage für die Insektenproduktion. Nutzer benötigen dabei keine Vorkenntnisse zur Insektenzucht.

Nebenprodukt Dünger

Bis eine Charge Fliegenlarven ausgewachsen ist, dauere es circa eine Woche. Anschließend können die Larven direkt an Nutztiere verfüttert oder für die Lagerung getrocknet werden. Neben den Larven fällt bei dem Prozess auch hochwertiger Kompost an, der den Landwirten könne, ihre Bodenqualität zu verbessern.

Die Schwarze Soldatenfliege im Larvenstadium. Foto: Pressebild FarmInsect

Insektenfarming soll Kostenersparnis bringen

Durch die Technologie von FarmInsect soll es Landwirten möglich sein, bis zu 20 Prozent ihrer Kosten für Futtermittel einsparen. Gleichzeitig profitiere der Betrieb von der besseren Nährstoffbilanz der Produkte. Die Investmentkosten für den Landwirt liegen im fünfstelligen Bereich. Durch die hohen Einsparungen habe sich eine Anlage von FarmInsect bereits nach 3 bis 5 Jahren amortisiert, rechnet das Startup vor.

Pilotanlage im September 2020 in Bayern

Das gefiel auch Investoren, denen das Startup seine Idee vorstellte. Drei Business Angels helfen dem Jungunternehmen mit einer Seed-Finanzierungsrunde beim Start in die Kommerzialisierung. Insgesamt konnte das Startup eine Finanzierungsrunde im mittleren sechsstelligen Bereich abschließen, teilte FarmInsect letzte Woche mit.

Mit dem aufgenommenen Kapital will FarmInsect im September 2020 eine Pilotanlage bei einem der größten Aquakultur-Betriebe in Bayern aufstellen. Dabei wird das Startup auch durch eine EU-Förderung unterstützt. Im Rahmen der „Europäischen Innovationspartnerschaften“ soll zusammen mit dem Aquakultur-Betrieb und der Landesanstalt für Landwirtschaft die regionale Gewinnung von Proteinfutter aus Insektenlarven untersucht werden.

–  Wie es auf einer Soldatenfliegenfarm in Sachsen aussieht, liest und siehst du hier. –

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